Sonntag, 5. April 2015

Besuch im Vorarlbergmuseum in Bregenz

Am Ostersamstag regnete es nur einmal, und zwar durchgehend den ganzen Tag. Wir machten das Beste daraus und fuhren mit Freunden nach Bregenz um uns das Vorarlbergmuseum anzuschauen. 
Noch bis zum dritten Mai läuft dort die Sonderausstellung "Begegnungen" mit Bildern des Vorarlberger Fotografen Nikolaus Walter anlässlich seines 70. Geburtstages. Nikolaus Walter hat eine besondere Gabe, Menschen zu porträtieren. Er fotografierte viele Außenseiter und Menschen, die untere armen Verhältnissen leb(t)en. Immer erscheinen sie jedoch als Persönlichkeiten, denen er "auf Augenhöhe" mit Respekt und Interesse begegnet -  nicht als Objekt der Neugier eines gesellschaftlich besser gestellten Fotografen. Einige Bilder kann man im Facebook-Album des Museums anschauen. Allein für diese Ausstellung hätte sich der Besuch für mich gelohnt, aber schon  die Architektur des Museums ist so eindrucksvoll, dass man es sich auch ohne Interesse an den gezeigten Objekten anschauen könnte. 


Vorarlbergmuseum Bregenz, Blick aus dem Panoramaraum 

Vorarlbergmuseum Bregenz, Blick aus dem Panoramaraum



Schwerpunkte des Museums sind die Archäologie und die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. In der Ausstellung "Römer oder so" bekommt man Einblicke in das alte "Brigantium" und wie man dort um 400 vor Christus gelebt hat - vor allem aber auch, wer dort gelebt hat und wie die spannende Wissenschaft der Archäologie zu ihren Ergebnissen kommt. 

Pressetext zur Ausstellung "Römer oder so":

Die Römer: In unserer Welt und erst recht am Ort einer ehemaligen Römersiedlung sind sie feste Elemente des kollektiven Bewusstseins. Ihre historische Bedeutung wirkt in unser Leben herein, in Bregenz ist sie auch im Stadtbild präsent. Das vorarlberg museum wählt nun einen Zugang, der den knackigen Begriff vom „Römer“ und das oft stereotype Bild dazu auf-knackt. Ausgangspunkt ist das für die Forschung überaus relevante Gräberfeld von Brigantium: Die Präsentation „Römer oder so“ stellt sich jenen Problemen, die der jeweils aktuelle Stand von Grabungen und Wissenschaft aufwirft. Denn die Frage „Wer liegt hier begraben?“ ist nur scheinbar simpel. Beim Versuch, Antworten zu finden, tun sich neue Themen auf: Themen, die von der Archäologie und dem Spannungsfeld zwischen Befund und Deutung zur Gesellschaft und zum Zusammenwirken verschiedener Kulturen führen.

Weg von der Behauptung, hin zu Betrachtung und Befragung: durchaus ambitioniert ist es, eine Ausstellung, die diesen Weg nimmt, für ein Publikum aller Altersstufen zu konzipieren. Denn dieses Publikum ist nicht erst im Vermittlungsprogramm, sondern bereits in Inhalt und Gestalt der Ausstellung selbst mitgedacht. Durch eine verständliche Aufbereitung des gesicherten Wissens und eine augenzwinkernde Öffnung in den Bereich der Spekulation hinein soll es gelingen, „Römer oder so“ anschaulich zu machen, ohne alte Schablonen zu bedienen oder neue Klischees zu generieren. Die Themen sind im Raum so inszeniert, dass Kommunikation und Interaktion zwischen großen und kleinen BesucherInnen unterstützt wird.

Das vorarlberg museum bringt sich im neuen Format der „Familienausstellung“ in gesellschaftliche Entwicklungen ein. Teilhabe an Kultur soll unabhängig vom altersbedingten Wissensstand und vom jeweiligen sozialen Hintergrund möglich sein. Teilnahme am kulturellen Leben soll eine ansprechende gemeinsame Freizeitgestaltung darstellen. Für einen Zeitraum von jeweils ein bis zwei Jahren wird eine Ausstellung dem Miteinander im Erleben und Erfahren von Kultur gewidmet sein.


Die Sonderausstellung "Römer, Alamannen und Christen (noch bis zum 19.04.2015) zeigt, wie es dann im frühen Mittelalter in der Zeit vom dritten bis zum achten Jahrhundert im Bodenseegebiet weiterging nachdem sich die Römer aus der Region zurückzogen. Interessant fand ich (untere vielen anderen Informationen), dass die Alamannen durchschnittlich nicht so klein waren wie man es von Menschen im frühen Mittelalter erwartet: Die Männer waren durchschnittlich 1.72 m groß, die Frauen zehn Zentimeter kleiner. In der Gegend hat man offenbar damals schon gut gelebt. 


Rekonstruktion der Eremitensiedlung in St. Gallen um die Mitte des 7. Jhs
anhand archäologischer und historischer Informationen
Zeichnung: Atelier Bunter Hund Zürich 



Aus dem Pressetext zu der Ausstellung "Römer, Alamannen und Christen:

Die Zeit zwischen dem 3. und dem 8. Jahrhundert brachte für die Menschen am Bodensee zahlreiche Umwälzungen mit sich: Die Römer zogen sich aus dem heutigen südwestdeutschen Gebiet zurück. Germanische Siedler unterschiedlicher Herkunft übernahmen die Herrschaft und verschmolzen hier zu den Alamannen. Nach ihrer Unterwerfung durch die Franken Anfang des 6. Jahrhunderts wurde das Herzogtum Alamannien errichtet, in dem sich das Christentum mit dem Konstanzer Bischofssitz langsam aber sicher etablierte. Zahlreiche Funde, darunter kostbare Goldobjekte aus den an den See angrenzenden Ländern, liefern neue Ergebnisse zur Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte, zu Handwerk, Leben und Tod im spannenden Frühmittelalter. 

Manche der ausgestellten Schmuckstücke (auch in der Ausstellung "Römer oder so") könnte man heute auch tragen - sie sind einfach zeitlos schön. 

Halskette aus Grab 38 von Güttingen, Kreis Konstanz
Leihgeber: Archäologisches Hegaumuseum Singen
Foto: Nese Kiderlen, Archäologisches Hegaumuseum Singen


Mehr über die aktuellen Ausstellungen auf der Webseite des Museums und auf der  Facebookseite.




Hier ist alles sehr edel - Messingtüren bis zur Decke wirken herrschaftlich, gleichzeitig modern und zeitlos…dieses Bild zeigt den Gang zu den Toiletten! Von der imposanten Galerie habe ich leider kein gutes Foto. Sehr ausgeklügelt ist auch die Lichtführung - in den Ausstellungsräumen ist es halbdunkel, die Ausstellungsstücke sind jedoch ohne grelles Licht sehr gut beleuchtet. Man kann sich hier lange aufhalten, ohne dass die Augen müde werden. 


Perfektion bis ins Detail…im Waschraum



Nach mehr als drei Stunden in den Ausstellung haben wir uns noch eine späte Kaffeestunde im Museumscafé gegönnt. Alle Kuchen waren hervorragend, kein Wunder dass fast alle Plätze besetzt waren. Der Zutritt in das Atrium und das Café ist übrigens frei, auch wenn man bei schönem Wetter in Bregenz ist und die Zeit lieber draußen verbringen möchte lohnt sich ein Blick hinein. 


Museumscafé, Blick auf den Kornmarktplatz 


Museumscafé im Vorarlbergmuseum


Am frühen Abend kehrten wir noch im nahe gelegenen Gasthaus "Kornmesser" ein. Das Essen war sehr gut, Atmosphäre und Stimmung auch. Ein perfektes Programm für diesen Regentag, und eins das wir gern wiederholen werden. 




Auch wenn ich dieses Weinglas hier ganz unvornehm "umfasse" - auf eurer Wohl! 

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